Bundesverband Kinderhospiz startet einzigartiges Projekt für unheilbar erkrankte Jugendliche: die „Grüne Bande“ ist da!

„Du Spasti!“. Das Schild passt nicht ins Bild. Draußen der idyllische Heidelberger Weihnachtsmarkt mit Lebkuchenduft, drinnen erstrahlen festliche Kronleuchter. Doch im schmucken Palais Prinz Carl steht mitten im Raum dieses Schild, auf dem steht: „Du Spasti!“

„So etwas hört man als Behinderte oft“, erklärt Sina Wolf. Die 16-Jährige hat nach Heidelberg zur Pressekonferenz geladen. Nicht nur, dass das eine ungewöhnliche Tat für eine 16-Jährige ist. Sina ist eine ungewöhnliche junge Frau. Sie leidet an der unheilbaren Krankheit SMA, die ihre Muskeln mehr und mehr verkümmern lässt. Sina sitzt in einem E-Rollstuhl, kann sich nur noch sehr eingeschränkt bewegen. Aber Sina hat etwas zu sagen. Und ist Mitgründerin eines ungewöhnlichen Projekts: sie ist die Chefin der „Grünen Bande“, eines Clubs für Jugendliche mit lebensverkürzenden Erkrankungen, für deren Geschwister und Freunde.

Die Schirmherrschaft für die „Grünen Bande“ hat KiKA-Moderatorin Jessica Lange übernommen. „Ich bin sehr stolz, Teil dieses spannenden Anfangs sein zu dürfen“, sagt sie bei der Pressekonferenz zur Gründungsveranstaltung, „ich habe größten Respekt, wie Sina und Jugendliche in einer ähnlichen Lage ihr Leben meistern, sie verdienen jede Unterstützung. Ich freue mich darauf, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen!“

„Wenn man eine solche Krankheit hat, ist alles kompliziert“, berichtet Sina den zahlreichen Gästen und Vertretern der Presse. „Ausgehen, auf ein Konzert, ins Kino. Alles schwierig. Außerdem wird man echt oft angeglotzt“, sagt sie. „Ich weiß, dass ich ‚anders‘ aussehe. Aber ich bin ja nicht dumm. Oder taub. Ich finde es unglaublich, wie taktlos manche Leute reagieren.“ Als „Spasti“ oder „Mongo“ wurde die hübsche 16-Jährige schon bezeichnet, oder es wurde am Aufzug gerufen: „Hier muss noch ein Rollstuhl rein!“ – als wäre sie gar keine Person. Deshalb hat Sina die Schilder bei der Pressekonferenz aufgestellt. Zeichen kleiner Verletzungen, die alltäglich sind.

Die „Grüne Bande“, das Jugendprojekt des Bundesverbands Kinderhospiz (BVKH), soll Jugendlichen wie Sina die Möglichkeit geben, für ihre eigenen Belange einzustehen, darauf aufmerksam zu machen, dass es sie gibt, welche Bedürfnisse sie haben. Wachzurütteln für ein bewusstes Miteinander. „Die Grüne Bande ist ein Club, der unter dem Dach des Bundesverbands zuhause ist“, ordnet Sabine Kraft, BVKH-Geschäftsführerin, ein. „Grün“ heißt die Bande übrigens deshalb, weil am Tag der Kinderhospizarbeit, dem 10. Februar, jedes Jahr grüne Bänder und Schleifen als Zeichen der Solidarität getragen werden.

Mit einer eigenen Webseite www.gruene-bande.de und einem Facebook-Auftritt wird die Bande nun ihre Themen öffentlich machen –und sich vor allem untereinander austauschen. „Oft geraten die normalen Bedürfnisse erkrankter Teenager und auch die ihrer Geschwisterkinder ins Hintertreffen, einfach, weil der pflegeintensive Alltag so viel Raum beansprucht“, erläutert Kraft.

Sina freut sich darauf, viele Jugendlichen  kennen zu lernen, denen es ähnlich geht. „Da muss man nicht so viel erklären“, lacht sie.

Auch Ute Friese, Geschäftsführerin von Aktion Kindertraum, kennt die Herausforderungen, vor denen die Bandenmitglieder stehen. „Von zuhause ausziehen, ein selbstbestimmtes Leben führen – ein normaler Wunsch, jedoch für schwerkranke Jugendliche ein ganz großer Traum, bei dessen Verwirklichung wir ihnen gern helfen“.  Aktion Kindertraum unterstützt die „Grüne Bande“  als Kooperationspartner und schießt die finanziellen Mittel zu, damit die Jugendlichen ihre Ideen umsetzen können.

„Vielleicht machen wir als erstes eine tolle Fotokampagne“, überlegt Sina inzwischen eifrig. „Um zu zeigen, dass auch Menschen mit Behinderungen schön sind!“  Pläne hat die 16-Jährige zuhauf. Nachdem sie souverän ihre erste Pressekonferenz geleitet hat, geht es weiter zum ersten Bandentreffen. In der Stephen Hawking Schule in Heidelberg trifft sie andere Betroffene und Interessierte, die mitmachen wollen bei der „Grünen Bande“.  Schon bald sollen Bandenmitglieder aus dem ganzen Bundesgebiet dazu gehören. Einmal im Jahr wird der Bundesverband Kinderhospiz eine Tagung für die „Grüne Bande“ ausrichten,  damit die Mitglieder auch persönlich miteinander arbeiten können; ansonsten wird der Austausch virtuell stattfinden.  Sina strahlt und ist sich sicher: „Das ist etwas ganze Besonderes. Das wird echt cool!“