Meine Jugendzeit war oft von Selbstzweifeln geprägt. Ich wollte immer genauso sein wie alle anderen und habe phasenweise meine Behinderung überhaupt nicht akzeptiert. Viele Fragen beschäftigten mich, wie zum Beispiel „werde ich jemals eine Liebesbeziehung mit einem Menschen ohne Behinderung oder eine eigene Familie haben?“
Viel zu oft wurde mir von außenstehenden glaubhaft vermittelt, das dies sehr unwahrscheinlich sein wird, da sich das kaum jemand antun würde. „Such dir lieber einen, der auch eine Behinderung hat und deine Situation nachvollziehen kann,“ wurde ich getröstet. Doch ganz tief in meinem Inneren wollte ich das nicht akzeptieren. Warum sollte mich nur ein Mensch mit einer Behinderung lieben können?
Heute weiß ich, dass meine innere Stimme recht haben sollte: Denn seit mehr als zwei Jahren bin ich glücklich in einer Beziehung mit einem Mann, der nicht behinderter ist, als andere auch.
Wir sollten nämlich den Begriff Behinderung einmal überdenken. Das Wort beschreibt lediglich Menschen die seelisch, geistig, körperlich oder in ihren Sinnen beeinträchtigt sind und auf Umwelttechnische und Gesellschaftliche Barrieren stoßen. Somit sind wir meiner Meinung nach alle Behindert. Der eine mehr, der andere weniger.
Und noch eines habe ich gelernt: keiner weiß, was im Leben kommen wird, und keiner sollte solche Voraussagungen machen.
Wenn dich also jemand frägt „glaubst du ich werde jemals eine Beziehung haben?“, dann antworte doch: „Wieso nicht?“ und „hab Geduld“.
Um auf die Fragen meines jüngeren Ichs zu antworten: „Werde ich jemals eine Liebesbeziehung haben?“ – „Ja, das wirst du!“ und „Werde ich je eine eigene Familie haben?“ – „Wir werden sehen.“